„Mehr Umbau statt Neubau“ fordert das bundesweite ökumenische Netzwerk „Eine Erde“, dem weit über 100 Landeskirchen, Bistümer, Akademien, Gemeinden, Vereine, Hilfswerke und Initiativen angehören. Vorhandener Wohnraum müsse intensiver genutzt werden. Das schaffe schneller Wohnraum, spare Ressourcen, belebe Ortskerne, fördere soziales Miteinander und wirke der Vereinsamung und Entwurzelung alter Menschen entgegen. Der „Bau-Turbo“ der Bundesregierung dagegen fördere die weitere Versiegelung und Zersiedelung von Flächen und liefere keine wirksame Antwort auf die soziale Wohnungsnot.
Am vergangenen Donnerstag hat der Deutsche Bundestag mit den Stimmen der Fraktionen von CDU/CSU und SPD das „Gesetz zur Beschleunigung des Wohnungsbaus und zur Wohnraumsicherung“ beschlossen. Zahlreiche Organisationen hatten versucht, im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens Änderungen zu erwirken und eine Wende im Bauwesen herbeizuführen – ohne Erfolg. „Wir sind maßlos enttäuscht“, sagt Astrid Hake, Referentin des Netzwerks „Eine Erde“ in Hamburg: „Obwohl gerade im Gebäudebereich die Klimaschutzziele seit Jahren verfehlt werden, setzt die Bundesregierung nicht auf einen ressourcenärmeren Aus- und Umbau im Bestand, sondern heizt den Neubau an.“ Das hatten auch die beiden großen Kirchen zuvor in einer Stellungnahme kritisiert. Aus ökologischen, ökonomischen und sozialen Gründen müsse ein Vorrang des Bauens im Bestand gelten.
Durch Umbauten, Wohnpartnerschaften und andere Formen der Untermiete könnten schätzungsweise allein in Deutschland jährlich 50.000 zusätzliche Wohnungen entstehen. Mit der beschlossenen Gesetzesänderung wird die Chance vertan, Bauen im Bestand überhaupt zu priorisieren und damit schneller und günstiger bezahlbaren und sozialen Wohnraum zu schaffen. Es ist zudem zu befürchten, dass die Gesetzesänderung die Flächenkonkurrenz zwischen Landwirtschaft, Erholungsraum und Erneuerbaren Energien verschärft und die Zersiedelung im Außenbereich der Kommunen fördert. Dies wird den Druck und die Interessenskonflikte in den Kommunen erhöhen.
Nicht der Neubau von Einfamilienhäusern auf der grünen Wiese sollte gefördert werden, fordert das Netzwerk „Eine Erde“, sondern der Umbau halb leerstehender Einfamilienhäuser zu Mehrparteien- oder Gemeinschaftshäusern. Es brauche „Wohnlotsen“, die auf Quartiersebene gemeinsam mit Partnern Lösungen finden, wie überschüssiger Wohnraum kosten- und ressourcensparend für Wohnraumsuchende erschlossen werden kann. Es gebe in der Praxis bereits viele erfolgreiche Einzelprojekte, sagt Astrid Hake: „Was fehlt, sind die systematische Förderung solcher Projekte und die gesetzlichen Rahmenbedingungen, die den Umbau erleichtern, etwa die sogenannte Muster-Umbauordnung.“ Diese fordern Architects for Future und die Bundesarchitektenkammer schon länger. „Das wäre ein ‚Umbau-Booster‘ wie wir ihn von der Politik erwarten!“, sagt Hake.
Ansprechpartnerin für inhaltliche Rückfragen:
Astrid Hake, Referentin Eine Erde. Das ökumenische Netzwerk
E-Mail: hake@netzwerk-eine-erde.de | Telefon: 040 88181-421